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  Sehnsucht
  Was weckst du mich auf in der traurigen Nacht,
  Du sehnsuchtflötende Nachtigall?
  Nun ist mir deinem melodischen Schall
  Auch ein Widerhall
  Vergangenen Glücks erwacht.
 
  Wie heute schlugst du im Lindenbaum . . .
  Ich herzte und küsste mein rosiges Kind,
  Die Saiten der Liebe erbebten gelind
  Wie Harfen im Wind,
  O seliger Maientraum.
 
  Und endlich - den Lenz und die Liebe im Sinn -
  Nach Jahren gekommen, wie lachte so blau
  Der Himmel, wie blitzte und perlte der Tau
  Auf blumiger Au,
  Doch die Liebe, sie war dahin.
 
  Was lockst du mich wieder mit dunkler Gewalt,
  Mit Lügen von Lenz und von Liebeslust?
  Da längst doch verdorrt in der eigenen Brust
  Der duftende Blust,
  Und die jubelnden Lieder verhallt.
  Heinrich Leuthold 1827 - 1879
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